Weiche sonore Stimmen umschmeicheln brachiale Heavy-Gitarren-Riffs, der Refrain des Gesangs erinnert mich teilweise an die besten Zeiten von Extreme. Der Opener “Lost” ist eine Nummer, die Spass macht und auch in der Rockdisko eingesetzt werden kann. Das nachfolgende “Guilt” beginnt mit getragenen Akkorden, ist jedoch noch gewaltiger in Druck und Power, die jeder Thrash-Metal-Band zur Ehre reichen würde und wird dann doch wieder von akzentuierten Breaks durchzogen. Vielseitigkeit und Abwechslung sind zwei Atttribute, die perfekt zu “Numb” passen.
Und so lautet auch der Titel des gleichnamigen dritten Stücks, das mich in Theatralik und Arrangement sehr an die ersten herausragenden Alan Parsons Project-Produktionen erinnern. “When I’m Crucified - Something Inside Had Showed Me” singt Paul Wrightson und Kalle Wallner lässt einen gefühlvollen Gitarren-Solo vom Stapel, den man an dieser Stelle gar nicht erwartet hätte. Er versteht es, sich im richtigen Moment zurück zu nehmen, um dann doch mit einem krachigen wah-wah-durchtränkten Leadbreak zu sprechen
”Death” ist ein Riesentitel, der in Struktur und Aufbau an die grossen monumentalen Titel von Pink Floyd, Nektar oder Camel erinnert.Allein in diesem Song gibt es Melodien, die über Jahre hinaus Bestand haben werden. Es gibt so viel zu entdecken bei jedem Hörgang. In den letzten drei Minuten gibt es die wohlverdiente Steigerung mit jagendem Drums und einer Leadgitarre, die über dem dichten kompakten Sound wie ein majestätischer Adler schwebt und alles von oben mit Wohlwollen betrachtet.
“Change” beginnt mystisch und geheimnisvoll. Psychedelisch. Der Begriff “Space-Rock” fällt spontan ein. Der Tod ist im vorangegangen Song eingetreten und wir befinden uns in der Hemisphäre des parapsychologischen Jen- oder Diesseits. Zum umherwandernden Bass gesellen sich die Akkord zerpflückende Gitarre und Schlagzeug. Die mystische Atmosphäre bleibt und nach 2:30 Minuten kommt ein synkopierter Heavy-Metal-Gitarren-Riff, der Dein Bewusststein auf eine andere Stufe hebt. “I’m Going ...” Verzerrte Vocals, Die Bassdrum peitscht einen Rhythmuswechsel voran. Als neuer Schlagzeuger konnte übrigens Michael Schwager (vormals bei Dreamscape) verpflichtet worden. Stille. Wabernde hallgeschwängerter Keyboard-Sound. - Und wieder dröhnt der Riff. Und ist doch nur die Vorgeschichte zum headbangenden Rock-Riff in “Seek”, das lyrisch, melodiös ist und trotzdem immer wieder durch diesen gewaltigen Groove gekitzelt wird.
Romantisch-melancholische Klänge zu Beginn der Ballade “Risk”, schwermetallische Gitarrenläufe im instrumentalen rauhen “Torn”, in dem sich Michael Schwager zudem nach Herzenslust austoben kann und dann kommt eines meiner Lieblingsstücke auf der CD: “Vow” hat mir von Anfang an gut gefallen, ich habe es letzten Samstag in der Rock-Disco eingesetzt und (Überraschung!) die Mädels sind in Scharen angetrabt, um zu wissen, wen ich da drauf gelegt habe. Das Stück läuft schön durch mit 130 bpm (beets in der Minute) und ich habe es (Kalle Wallner wird es mir bestimmt verzeihen) zwischen Mötley Crue und Steve Stevens eingebaut. (Für die DJs: Nach 2 Min 30 Sek kommt ein ruhiger Mittelteil, zu dem ich wiederum die ersten acht Takte von Tommy James & The Shondells “Mony Mony” als Sample durchlaufen lasse - probiert es aus, kommt mördermässig!)
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FAZIT:
Freising liegt ganz unten am Ende von Deutschland. Man sieht jeden Morgen, wenn man aufsteht, die imposanten Berge vor sich. Ich stelle mir vor, dass Kalle Wallner beim Komponieren der Blind Ego - Stücke von diesen monumentalen Bildern beeinflusst worden ist. “Numb” ist ein majestätisches Stück Progressive Rock. Aber ich würde “Numb” nicht nur im Prog- Genre ansiedeln, zu sehr dominieren auch Classic- und Heavy-Rock- Elemente. Die CD ist ein unzweifelhaftes Vergnügen für alle Altersschichten, die Wert auf gut gespielte und audiophil ansprechende moderne Rockmusik legen. Ein Schmankerl für jede Sammlung!
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